Steigende Mieten – Marktversagen? Staatsversagen? Oder sogar beides?
Staat statt Markt?
Auf die Einstiegsfrage, warum die Preise am Wohnungsmarkt steigen und ob es sich dabei um Marktversagen und oder Staatsversagen handele, erklärte der Landesgruppenchef der Berliner Bundestagsabgeordneten Dr. Jan-Marco Luczak: „Der Anstieg der Mieten ist ein zweischneidiges Schwert. Die steigenden Mieten sind teils Ausdruck eines Markt- und teils Ausdruck eines Staatsversagens.“ Luczak erläuterte, dass die Nachfrage derzeit größer als das Angebot sei. Dies sei einerseits darauf zurückzuführen, dass jahrzehntelang zu wenig Wohnraum geschaffen wurde. Zum anderen hätte der Berliner Senat vor knapp 15 Jahren eine sehr kurzfristige politische Brille aufgehabt, als er große Wohnungsbestände verkaufte. Die damalige Berliner Regierung sei dem Irrglauben unterlegen gewesen, dass Berlin kein Problem mit steigenden Mieten habe. Unter der falschen Annahme eines großen Leerstandes haben die Verantwortlichen gedacht, dass man schnellstmöglich viel verkaufen müsse. So wurden die Weichen in eine völlig falsche Richtung gestellt. Auch Rot-Rot-Grün habe aktuell diese Fehlentwicklung total verschlafen und sich nicht ausreichend um den Neubau von Wohnraum gekümmert.
Zu der Frage wie sich die Parteien der Großen Koalition zu dem Thema einer Verstaatlichung konkret positionieren, blieb Klaus Mindrup, Bundestagsabgeordneter der SPD, zuständig für Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee, zunächst vage: „Der Meinungsfindungsprozess bei der Berliner SPD ist noch nicht abgeschlossen.“ Einer möglichen Enteignung erteilte er eine klare Absage. „Die ganze Enteignungsdebatte hilft niemanden weiter. Vor allem aber löst es keine Probleme“, so Mindrup. Man brauche stattdessen bessere Mietgesetze und einen vernünftigen Umgang miteinander.
Klarer äußerte sich hingegen Dr. Jan-Marco Luczak, direkt gewählter Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg. „Die Eigentumsgarantie gehört zu den fundamentalen Säulen unserer Rechtsordnung. Sie sägen an den Grundfesten unserer Gesellschaft“. Die Enteigungsinitiative schüre Ängste bei den Menschen und sei eine reine Klientelpolitik.
Berlin benötigt keine verkappte Systemdebatte
Die hitzige Diskussion war von polarisierenden Standpunkten gekennzeichnet. Auf die Frage, was denn die Stadt davon habe, wenn sie Beträge von rund 36 Milliarden Euro für die Enteignung der Wohnungsunternehmen ausgebe, antwortete der Sprecher der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“: „Eine halbe Million Menschen kann dann besser schlafen.“ Bereits der Impulsvortrag von Dr. Christian Schede von Greenberg Traurig skizzierte zwei mögliche Wege in der aktuellen Debatte: „Konzertierte Aktion für Neubau oder Rückkehr zum Sozialismus?“ Schede machte deutlich, dass Berlin keine verkappte Systemdebatte benötige. Im historischen Kontext sei es zwar eine interessante Debatte, aber sie lenke nur von vorhanden Lösungskonzepten ab und führe die Menschen in die Irre.
Am Ende der Diskussion waren sich vier von fünf Podiumsgästen einig. Durch Ideologie und Populismus wird das Problem der Wohnraumknappheit und der Mietpreissteigerungen nicht gelöst. Der Berliner Senat sollte sich vielmehr in rechtlich zulässiger und der Sache nach auf wohnungswirtschaftliche wirksame Maßnahmen und Gesetzesinitiativen konzentrieren, anstatt Milliardenbeträge von Steuergeldern in möglichen jahrelangen Gerichtsverfahren und Schwebezuständen zu investieren.
Der Berichterstatter für Mietrecht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Dr. Jan-Marco Luczak warnte zudem vor einer Wohnungsbau-Blockade: „Investoren werden durch diesen Schwebezustand gebremst und sind gezwungen abzuwarten. Wir verlieren viel wertvolle Zeit, um die Probleme anzugehen."